1947-52
„La horrible“ – diesen unschönen Beinamen hat der peruanische Dichter Sebastian Salazar Bondy (1924 bis 1965) der peruanischen Hauptstadt verpasst. Vargas Llosa, der mit Bondy befreundet war, macht sich die Bezeichnung zu eigen, wenn er die letzte Phase seiner Kindheit erinnert.
Der Vater hat ein kleines Haus in der Avenida Salaverry im Limenser Stadteil Magdelena gemietet. Die ersten Monate des Jahres 1947 verbringt Mario dort in Isolation, den Freunden und Verwandten in Piura entrissen und unter der dem Regiment eines Mannes, der ihm oft den Ausgang verbietet und ihn das erste Mal mit Schlägen bestraft, als er trotz Hausarrest den Gottesdienst besucht. Vargas Llosa beschreibt den Vorfall so: „Ohne ein Wort zu sagen, versetzte er mir eine Ohrfeige, die mich zu Boden warf, schlug mich noch einmal und schubst mich dann ins Auto, wo er diese schrecklichen Schimpfworte vom Stapel ließ, die mir genauso wehtaten wie seine Schläge. Und zu Haus schlug er mich weiter, während er mich zwang, ihn um Verzeihung zu bitten, und mir ankündigte, er werde mich schon zurechtbiegen und einen Mann aus mir machen, denn er würde nicht zulassen, dass sein Sohn das verweichlichte Bürschchen bleibe, zu dem die Familie Llosa ihn erzogen habe. Fortan flößte er mich nicht nur Entsetzen, sondern auch Hass ein.“1
Erst im April beginnt die Schule, und der nun Elfjährige kommt in die sechste Klasse eines Collegios, das wie in Cochabamba von der LaSalle-Bruderschaft geführt wird, wohin er täglich mit dem Bus pendelt. Obwohl er dort rasch Freunde findet, bleibt er einsam, denn der Vater verbietet ihn, nach der Schule von zuhause fernzubleiben. Umso wichtiger wird das Lesen für Jungen.
Das fröhliche Bürgerviertel in Miraflores
Ein Jahr später bessern sich die Lebensumstände. Die Mutter, welche die Gewalt ihres Mannes nicht mehr erträgt und mehrmals mit ihren Kind zu Verwandten flieht (um sich kurz darauf jedoch mit ihm zu versöhnen), handelt aus, dass ihr Sohn samstags direkt nach der Schule zu Tante und Onkel im Stadtteil Miraflores am südlichen Ende der Bucht von Lima fährt und erst montags nach er Schule ins Elternhaus zurückkehrt. Freuden wie früher blühen wieder auf: Freunde gewinnen, mit ihnen Schwimmen und ins Kino gehen, Fußball und Fulbito (eine schlichtere Form des Bolzens) spielen, abenteuerlich die Steilküste durchstreifen. Und es kommen Neue hinzu: Tanzen – der Mambo springt um 1950 aus der Karibik nach Lima über – und Ausgehen mit Mädchen, die ersten Liebschaften. Zentrum des Geschehens sind die pittoresken Straßenzüge Diego Ferré und Colón, zeitweise barrio alegre genannt, und der Salazar-Park (heute Parque Kennedy). Das Eingangskapitel von Das böse Mädchen, Teile aus die Stadt und die Hunde oder die frühe Erzählung Der Sonntag malen ein Bild dieser beginnenden Jugend, die Mario bis zum Sommer (also die ersten Monate des Jahres) 1950 zumindest an den Wochenenden erlebt. Später, im Sommer 1951, geht Mario mit seiner Clique ans Meer von Miraflores, um zu surfen.
Im Hafen männlicher Härte
Mit dem Wechsel auf die Kadettenanstalt Leoncio Prado im nördlichen Hafenvorort Callao im April 1950 rücken die Beziehungen nach Miraflores erst einmal in den Hintergrund. Der nun 14-Jährige hat zunächst keinen Ausgang am Wochenende, zudem kommt er mit Jungen in Berührung, die überwiegend nicht aus wohlbehüteten Verhältnissen wie seine bisherigen Freunde stammen. Unter den Kadetten herrschen das Recht des Stärkeren – die größere Schüler demütigen die kleineren – und ein Ehrenkodex, der Komplizenschaft und Mut bzw. die Überwindung von Angst und Schmerz verlangt. So befehlen beim Taufe genannten Initiationsritual ältere Kadetten einen jüngeren, auf eine Leiter zu steigen, und rütteln an ihr, sodass er herunterfällt und ihm dabei ein Finger zwischen Leiter und Waschbecken gerät, wodurch der Finger abgetrennt wird. Der misshandelte Schüler verrät die Schuldigen jedoch bei den Vorgesetzten nicht, womit er sich den Respekt aller Kadetten verdient (FW S. 132). Im seinem Erstlingsroman Die Stadt und die Hunde, der mit einer Mutprobe (Diebstahl einer Klassenarbeit) beginnt, spiegelt und steigert Vargas Llosa diese Verhältnisse: Ein Höhepunkt der Handlung ist, wie einer der Kadetten, der wegen seiner Unmännlichkeit besonders zu leiden hat, bei einer Feldübung von einem anderen hinterrücks erschossen wird.
Ebenso weit oben auf der Werteskala dieses Milieus steht sexuelle Potenz; unter dem Einfluss verliert Mario seinen romantischen Idealismus und beginnt, mit Prostituierten zu verkehren. Er passt sich auch in anderer Hinsicht an das radikal veränderte Umfeld an, indem er für Klassenkameraden, die Freundinnen haben und ihre Sehnsüchte nicht auszudrücken wissen, Liebesbriefe verfasst oder zur Belustigung der Mitschüler erotische Romane – als Gegenleistung erhält er Zigaretten. „Literatur dieser Art hatte ein Existenzrecht in diesem Tempel des Machismus, und ich erwarb mir den Ruf eines interessanten Spinners“, erinnert sich der Schriftsteller (FW S. 144 f.). Die Kadettenanstalt, auf die ihn sein Vater geschickt hat, um ihm weiche und vermeintlich weibische Neigungen wie die Literatur auszutreiben, erweist sich also als förderlich genau dafür: „In der Zeit von 1950 bis 1951, als ich eingesperrt hinter den von der Feuchtigkeit des nahes Meeres verrosteten Gitterstäbe lebte, in diesem grauen Tagen und Nächsten mit ihren tristen Nebenschwaden las und schrieb ich, wie ich es nie zuvor getan hatte, und begann, mich zu einem Schriftsteller zu entwickeln – auch wenn ich es damals nicht wusste“ (FW S. 131).
Praktische Literatur in der Mitten
So gespannt das Verhältnis zum Vater auch ist, in den ersten Sommerferien seiner Kadettenzeit, also Anfang 1951, stellt sich erstmals ein Interessensgleichklang zwischen beiden heraus: Der Vater nimmt den Sohn mit zu seiner Arbeit beim International News Service, um ihn als Bote in der Spätschicht zu beschäftigen und zu bezahlen: Vom Büro der Agentur, wo Kabelnachrichten empfangen, übersetzt und redigiert wurden, trägt Mario die Meldungen und Artikel zum benachbarten Redaktionssitz der Lokalzeitung La Crónica nahe der Plaza San Martin im Zentrum von Lima. Ihm sei damals der Gedanke gekommen, Journalist zu werden, denn dieser Beruf sei „gar nicht so weit entfernt von dem, was mir gefiel – Lesen und Schreiben –, und schien so etwas wie eine praktische Variante der Literatur zu sein“, sagt Vargas Llosa später (FW S. 153). Der Vater heißt die Idee gut und sorgt dafür, dass der Junge im darauffolgenden Sommer einen Job bei der Crónica bekommt. Er wird dort ins Nachrichtenschreiben eingewiesen, aber auch als Reporter für die Skandalseiten eingesetzt, weshalb er, als knapp 16-Jähriger, sich mit Kollegen im Nachtleben und in schlecht beleumundeten Lokalen Limas herumtreibt. Die Erlebnisse finden Eingang in den dritten Roman Gespräch in der Kathedrale und klingen auch in Tante Julia und der Kunstschreiber sowie in der späten Erzählung Enthüllungen an.
Mario kann seinen Vater von dem Gedanken überzeugen, die letzte Oberschulklasse nicht an der Kadettenanstalt, sondern an einer normalen Staatsschule zu absolvieren, um nebenher weiterhin bei der Zeitung zu arbeiten und so den Weg in den Journalistenberuf zu befestigen. Doch die Bewerbungen an den Bildungsstätten in Lima bleiben erfolglos. Da ruft der Junge seinen Onkel Lucho in Piura an, der den Direktor der staatlichen Schule vor Ort kennt und ihn dort anmeldet. Wieder willigt der Vater ein: „Ich seh dich schon als Journalist in Piura arbeiten, während du zur Schule gehst“ FW S. 196). =>nächste Station.
1953-58
Die San-Marcos-Universität, an der Mario Vargas Llosa im zweijährigen Vorstudium überwiegend Literaturkurse belegt, bevor im Hauptfach Jura und Literatur studiert, befand sich damals in Limas Altstadt am Parque Universitario. Hier und in den Cafés an der Colmena (heute Avenida Nicolás de Pierola) und der Calle Azángaro oder in der Bar Negro-Negro unter Arkaden der Plaza San Martin spielt sich das Leben des mit dem Marxismus liebäugelnden Studenten ab – anderthalb Stunden Fußweg entfernt vom bürgerlichen Miraflores, wo er bei seinen Großeltern in der Calle Porta wohnt und wo er noch Freunde von früher hat. Im selben Viertel wohnt auch Historiker und Ethnologe Raúl Porras Barrenechea, dessen Vorlesung über die altperuanische Quellen Vargas Llosa als Studienanfänger am meisten oder genauer gesagt als eine der wenigen schätzt, während er die meisten sonstigen Hochschullehrer als lustlos beschreibt (FW S. 298). Er ist nach eigenem Bekunden ein fleißiger Student und arbeitet besonders engagiert für Barrenecheas Veranstaltung. Dieser bietet ihm im zweiten Jahr eine Assistentenstelle an, nämlich für zwei Bände über die Eroberung Perus durch die Spanier und die Freiheitsbewegung bibliographische und dokumentarische Aufgaben zu übernehmen. Arbeitsort war die Wohnung des Professors in der Calle Molina, wo Vargas Llosa von 1954 bis 1958 montags bis freitags jeweils drei Stunden beschäftigt war und zudem dessen Gäste, Intellektuelle und Diplomaten aus Peru und Lateinamerika sowie Schüler Barrenecheas, erlebte und damit eine Skala von geistiger Brillanz bis Verrücktheit in Gewand von Eloquenz.
Radikalisierung der Existenzfrage als Künstler
Angeregt durch dieses Umfeld fasst der Student den Entschluss, eine Universitätslaufbahn einzuschlagen – aber nicht als eigentliches Ziel, sondern als „die ideale Ergänzung für meine literarische Neigung, denn das Unterrichtssystem der San-Marcos-Universität ließ den Lehrenden viel Freizeit“, um zu schreiben (FW S. 356). Auf dieser Linie liegt es, dass er ab dem dritten Studienjahr, 1956, am Lehrstuhl für Peruanische Literatur ausländische Studenten unterrichtet und als wissenschaftliche Hilfskraft arbeitet. Den Auftrag gibt ihm der Lehrstuhlinhaber Augusto Tamayo Vargas, dem der Heranwachsende sein brotberuflich-schriftstellerisches Kalkül anvertraut und der es gutheißt. Tamayo Vargas ist ein Freund der Familie Llosa und verehrte als junger Mann die Mutter von Vargas Llosa.
Die Frage nach dem Lebensunterhalt wird für Vargas Llosa akut, als er 1955 kurzentschlossen die Schwester seiner Tante heiratet und finanziell auf eigenen Haushalt stehen muss, damit die Familie diesen Schritt akzeptiert. Bislang verdient er, neben der Arbeit für Barrenechea, ein kleines Zubrot, indem er bei der Kulturzeitschrift Turismo unter anderem Theaterkritiken schreibt. Über seinen Freund Lucho Loayza bekommt er nun eine wöchentliche Literatur-Kolumne in der Sonntagsbeilage von El Comercio und eine monatliche Kolumne in Cultura Peruana über peruanische Persönlichkeiten des 19. und 20. Jahrhunderts. Barrenechea vermittelt ihm außerdem eine Aushilfstätigkeit in der Bibliothek des Club Nacional und in einer Friedhofsverwaltung sowie als Redenschreiber für Hernando de Lavalle, einen Kandidaten bei der Präsidentschaftswahl 1956. Luis Jaime Cisnero, ein Literaturprofessor an der Katholischen Universität, in dessen Kreis Vargas Llosa über Loayza kommt, verschafft ihm den Auftrag, ein Handbuch über staatsbürgerliche Erziehung zu schreiben. Zeitweise verfasst Vargas Llosa auch Filmkritiken in der Zeitschrift Extra, deren Eigentümer Jorge Checa ehemals Präfekt von Piura war und daher den jungen Vargas Llosa kennt. Sein Nachbar Raúl Deustua verschafft ihm 1957 eine weitere Nebentätigkeit: Vargas Llosa wird Nachrichtenchef beim Radio Panamericana in der Calle Belén und erstellt dort u.a. eine Sendung über über Kongressdebatten – Erfahrungen, die der Hauptfigur im autobiografischen Roman Tante Julia und der Kunstschreiber eignen.
Mit seiner Frau Julia bezieht Mario Vargas Llosa 1955 zunächst ein Apartment in der Calle Porta und später eine Zwei-Zimmer-Wohnung an der Calle Las Acacias nahe der Küste in Miraflores. Seine besten Freunden werden in dieser Zeit Luis Loayza und Abelardo Ouendo – Studenten der Juristerei, aber Literaturenthusiasten wie er. Unter der Woche trifft er sich mit ihnen im Zentrum Limas auf eine Kaffee, um über ein Buch zu sprechen oder den neusten politischen, literarischen und universitären Klatsch auszutauschen. Zur Clique gehören ferner der ein halbe Generation ältere Schriftsteller Sebastián Salazar Bondy, der werdende Literaturkritiker und frühere Klassenkamerad José Miguel Oviedo, José Manuel Muñoz, Pablo Macera, der Schauspieler Tachi Hilbck, Baldomero Cáceres und der Lyriker Carlos Germán Belli. An den Wochenenden findet man sich in Wohnung von Mario und Julia oder Abeleardo und seiner Frau Pupi in der Avenida Angamos zu Spieleabenden oder auch Séancen ein (FW S. 487 ff.).
1956 beginnt das Hauptstudium. Während Vargas Llosa die Jura-Vorlesungen widerwillig, aber „in der vagen Hoffnung, dass der Anwaltstitel mir später bei irgendeinem Broterwerb nützen könnte“, besucht (FW S. 502), ohne zu einem Abschluss zu gelangen, entdeckt er im Fach Literatur bei dem Dozenten Luis Alberto Sanchez den nicaraguanischen Lyriker Rubén Darío, über den er 1958 seine Examensarbeit schreibt und seine mündliche Prüfung ablegt. Mit seinem Text über die „Grundlagen für einen Interpretation von Rubén Dario“ bewirbt sich der Absolvent um ein Promotionsstipendium an der Complutense in Madrid – und erhält es => nächste Station.
Begründet hat Vargas Llosa die Bewerbung unter anderem damit, dass es in Madrid ein Archiv zu Rubén Dario gibt, aber sein Motiv ist ein anderes. Die Frage, wie sich sein Künstlertraum ökonomisch verwirklichen lässt, stellt sich für ihn inzwischen radikaler. Es geht ihm nicht mehr um einen Beruf, der nebenbei Zeit zum Schreiben lässt, sondern er wäre erst dann ein Schriftsteller, wenn er von morgens bis abends schriebe, also seine gesamte Energie dafür verwendete. Seine bisherigen Veröffentlichungen seien dagegen nur „Texte eines Pseudo-Schriftstellers“: „Auf die Schnelle und zwischendurch geschrieben in einer Zeit, die fast ausschließlich anderen Arbeiten gehörte“ (FW S. 505). Zweitens wäre eine Umwelt vonnöten, „in der Schreiben nicht eine so extravagante und marginale Tätigkeit wäre wie in dem Land, in dem ich lebte“. Ein solches Ambiente wähnt er in Paris, und Madrid wäre ein Sprung in diese Richtung. Paris hat Vargas Llosa durch die Romane Alexandre Dumas‘ imaginiert und dann leibhaftig erlebt, als er dorthin für vier Wochen reisen konnte, nachdem er Ende 1957 bei einem Erzählwettbewerb der „Revue Francaise“ sein Stück Die Herausforderung einreicht und gewinnt.
Eine zweite Reise in der Endphase seines Studentenlebens in Lima ist von Bedeutung: Eine von der Universität angebotene Expedition in die Region des Oberen Marañon, nach Yarinacohca bei Pucallpa. Hier gewinnt Vargas Llosa Anschauungen, die in seine Romane Das grüne Haus, Der Hauptmann und sein Frauenbataillon und Der Geschichtenerzähler einfließen. Die Erkundungstour wird von den Anthropologen Juan Comas, José Matos Mar und Efraín Mororte Best geleitet. Letzterer wird später Rektor der Universität von Ayacucho, Keimzelle der maoistischen Terrorgruppe Leuchtender Pfad, die unter Abimael Guzmán Ende in dern 1980ern und 90ern in Peru wütet.
1974-90
Nach 16-jährigem Europa-Exil kehrt Vargas Llosa in sein Heimatland zurück und wird für dieselbe Dauer dort seinen Hauptwohnsitz haben, allerdings unterbrochen durch zahlreiche Auslandaufenthalte, nicht zuletzt in London, wo er sich eine Zweitwohnung nimmt. In Lima zieht er mit seiner Frau und den drei Kindern wieder nach Miraflores, genauer gesagt dessen alten Kern Reducto. Er lebt somit an den Schauplätzen des autobiografischen, seine Studentenzeit reflektierenden Romans Tante Julia und der Schreibkünstler, den er in Barcelona begonnen hat und 1977 veröffentlicht. In Lima hat er enge Freunde wie Blanca Varela, Fernando de Zsyszlo, Freddy Cooper; er schreibt für die dortige von Enrique Zileri herausgegebene politische Zeitschrift Caretas wie auch für das Literaturmagazin Vuelta von Octavio Paz in Mexiko, für das Papel Literario von El Nacional (Caracas) oder das spanische Nachrichtenmagazin Cambio 16.2
Im Jahr 1976 wird er für drei Jahre zum Präsidenten des PEN Club International ernannt und ist in dieser Funktion weltweit unterwegs, im selben Jahr verbringt er auf Einladung der Universität von Jerusalem einige Monate in Israel, bevor er Mitte 1977 bis Mai 1978 eine Gastdozentur am Lehrstuhl Simón Bolívar in Cambrigde wahrnimmt. In der Zeit verfasst er sein Theaturstück La señorita de Tacna, in dem er die Kusine seiner Großmutter porträtiert. Seine Söhne Alvaro und Gonzalo werden dort auf Dauer Internatsschüler. Im April 1979 hält Vargas Llosa eine Vorlesung in Japan, bevor er 1980/81 ein Jahr als Gastschriftsteller am Smithsonian Institution in Washington verbringt. Hier rechechiert er unter anderem für ein literarisches Großprojekt, das erstmals nicht mit dem eigenem Erleben bzw. der peruanischen Wirklichkeit zu tun hat: einen Roman über den Aufstand im brasilianischen Canudos im 19. Jahrhundert. Das Thema beschäftigt ihn schon seit 1973, als der Filmregisseur Ruy Guerra ihm vorschlug, ein Drehbuch über die Reportage dieses Kriegs aus der Feder des brasilianischen Jornalisten Euclides da Cunha (Os Sertões, 1902) zu schreiben. Zur Verfilmung kommt es jedoch aus finanziellen Gründen nicht, weshalb Vargas Llosa beschließt, den Stoff in Romanform umzusetzen. Er arbeitet daran seit 1976 und fährt im Juli 1979 ins brasilianische Bahia, um Anschauung zu gewinnen. Das Buch erscheint 1981 unter dem Titel La guerra del fin del mundo (Der Krieg am anderen Ende der Welt).
Seit 1978 lebt er Vargas Llosa mit seiner Familie im Limenser Stadtteil Barranco. Nach seinem Washington-Aufenthalt übernimmt er in Lima die Kulturfernsehsendung La Trorre de Babel. In den 80er Jahre verstärkt sich sein politisches Engagement, zunächst indem er eine Kommission zur Aufklärung von Morden an Journalisten in Ayacucho leitet, dann durch seinen Protest gegen die Bankenverstaatlichung 1987, in dessen Folge er Kandidat für die Präsidentenwahl 1990 wird. Er verliert diese und verlässt sein Heimatland, um wieder in Europa zu leben. => nächste Station. Erst nach dem Ende der Fujimori-Diktatur im Jahr 2000 kehrt er zurück und nimmt neben seinem Hauptsitz in Madrid wieder eine Wohnung in Barranco.